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Inhalt der aktuellen Ausgabe 01/2024

Inhalt

Inhaltsverzeichnis/Impressum

Aufsätze

Das Ostjiddische im Spiegel ,westjüdischer‘ Zeitschriften in den böhmischen Ländern. Strategien, Möglichkeiten und Grenzen der Vermittlung einer jüdischen Sprache am Beispiel der Jüdischen Volksstimme (Brünn)

In den böhmischen Ländern hatte die soziale Anpassung der meisten Juden an das deutschsprachige Bürgertum um 1900 bereits weitgehend zum Aussterben des Westjiddischen geführt. Allerdings häuften sich im regionalen deutsch-jüdischen Schrifttum gerade zu dieser Zeit Belege für die Rezeption ostjiddischer Literatur. Um die mediale Präsenz und identitätsstiftende Funktion des Jiddischen für die Gruppe seiner ehemaligen Sprecher zu bestimmen, untersucht der Aufsatz am Beispiel der zionistischen Zeitschrift ,Jüdische Volksstimmeʻ (Brünn) die Strategien, das Ausmaß und die Grenzen publizistischer Vermittlung ostjiddischer Literatur im Original. Dabei wird geklärt, inwieweit die Herausgeber noch mit (rezeptiven) Jiddisch-Kenntnissen ihrer Leserschaft rechneten oder nicht, inwieweit also Transkriptionen, Verständnishilfen oder Übersetzungen als notwendig betrachtet wurden.

Schöpfen & Leiden. Zur Ästhetisierung von Melancholie in Luise Rinsers Roman Mitte des Lebens (1950)

Der Melancholie wird allgemein eine bedeutsame Rolle für die Kreativität und den Schaffensprozess von Künstler*innen zugesprochen. Als Seelenleiden spielt jene in Luise Rinsers ‚Mitte des Lebens‘ eine zentrale Rolle, da die Hauptfigur Nina ihre melancholische Grundstimmung und die dafür verantwortlichen düsteren Lebensabschnitte mittels der Schöpfung von Literatur verarbeitet und sich dadurch selbstverwirklicht. In feministischen Interpretationen der 1970er Jahre wird Nina in der Konsequenz als emanzipierte Frau betrachtet, da sie als Schriftstellerin ein unabhängiges, unbürgerliches Leben führt. Ihr Lebensstil wird als Identitätssuche einer intelligenten, von der Norm abweichenden Frau idealisiert und ihr seelischer Schmerz als Muse ihres schriftstellerischen Erfolgs perspektiviert. Tatsächlich zeigt sich jedoch, dass das durch Nina inkorporierte Künstler*innenverständnis nur bedingt als emanzipatorisch zu werten ist, übernimmt es doch unkritisch ein ursprünglich männlich kodiertes Künstlerideal, das die negative Kehrseite seelischen Leidens ausblendet.

Beginnings, a rediscovered novel by Salome Hocking

In 1901, the Anglo-Cornish novelist Salome Hocking published her seventh novel, Beginnings, as a weekly serial in the progressive London periodical The New Age. The novel has recently been rediscovered, photographed and transcribed and is printed here for the first time since its original publication.

Beginnings

A NEW STORY. In this issue appears the first chapter of a highly interesting story by Miss Salome Hocking, entitled, “BEGINNINGS.” This story deals with the efforts made by a young girl to begin a new order of social life, and will afford its readers much food for thought in relation to the great social problems of our time. Of Miss Hocking we need say no more than that she is the sister of Silas K. Hocking and Joseph Hocking, and shares their great and acknowledged story-telling gift, as is evidenced by the works she has previously published. Our readers should act at once, so that the newsagents may give their orders in good time, and thus prevent disappointment.

Mondialisation et genre littéraire dans Les Lusiades de Camões

Die Frühe Neuzeit ist von räumlicher Expansion sowie von einer Öffnung der Weltsicht geprägt. Als geschlossen jedoch kann man Luís de Camões’ Epos Os Lusíadas durch seine lineare narrative Anlage betrachten, die durch die Fahrt Vasco da Gamas nach Indien gegeben ist. Zugleich zeigen sich in den Lusíadas Wege und Prozesse geographischer, sprachlicher und ökonomischer Art, die von Europäern und Nicht-Europäern beschritten und in Gang gesetzt worden sind, und die die epische Linearität palimpsestartig überlagern: Schiffsrouten wurden wiederholt befahren, Orte wurden umbenannt und Handelswege unterschiedlicher Völker kreuzen sich. Der Aufsatz zeigt schließlich auf, wie sich diese epistemische Öffnung in der Frühen Neuzeit auch dahingehend auf der Ebene der literarischen Gattung manifestiert, dass sich poetische und nicht-poetische Schreibformen in Camões’ Epos einfügen.

«Entre civilización y barbarie»: Zur Potenzialität der Mapuche bei Francisco Bilbao

Bei der Entstehung des chilenischen Nationalstaats spielte das Bild der Mapuche, die einerseits auf chilenischem Staatsgebiet lebten, andererseits von einem Großteil der regierenden Criollo-Elite nicht als Teil der chilenischen Nation wahrgenommen wurden, eine ambivalente Rolle. Ausgehend von Francisco Bilbaos Essay Los araucanos (1857) untersucht der Beitrag, inwieweit Bilbao im chilenischen Kontext eine Alternative zur von Sarmiento geprägten Dichotomie «civilización y barbarie» schafft. Indem Bilbao die Mapuche zwischen Zivilisation und Barbarei situiert, schreibt er ihnen eine Potenzialität zu, die mit der militärischen Besetzung von Gulumapu und der damit verbundenen Deterritorialisierung und Dehistorisierung der Mapuche jedoch in eine Negativität kippt, die bis heute nicht überwunden ist.

Moderne, Desillusion und Race in einem Roman der brasilianischen Belle Époque: Lima Barretos Recordações do escrivão Isaías Caminha

Der Artikel diskutiert den Roman Recordações do escrivão Isaías Caminha (1909) vor dem Hintergrund der Erfahrung sozialer Marginalisierung seines Autors Lima Barreto, der als mulato ein besonderes Gespür für soziale Benachteiligung und die Widersprüche der Modernisierung Brasiliens zur Zeit der Belle Époque hatte. In diesem Werk überträgt er das Muster des europäischen Desillusionsromans auf den Kontext Brasiliens und die Problematik von race. Insofern sich der Protagonist im Milieu des Journalismus in Rio de Janeiro bewegt, lässt sich der Roman auch als Reflexion über das literarische Feld der Moderne verstehen, in dem Lima Barreto durch eine Annäherung von Literatur und Journalismus interveniert.

Mythographien des Werdens – werdende Mythographie. Utopische und dystopische Vergegenwärtigungen von Atlantis in der literarischen Moderne

Der vorliegende Artikel untersucht aus einer vergleichenden Perspektive die Darstellung von Atlantis in der französischen und italienischen Literatur der Moderne. Ausgehend von neueren theoretischen Ansätzen zur Mythographie wird Atlantis als Prototyp einer im Entstehen begriffenen Welt verstanden, wie sie für den Mythos typisch ist. Unter Bezugnahme auf Platon wird ein Schwerpunkt auf die literarische Rezeption von Atlantis gelegt, die von Anfang an in den utopischen Diskurs und die Reflexion eines Idealstaates eingeschrieben ist. Dabei wird der Übergang vom Paradigma des Raumes zum Paradigma der Zeit im utopischen Diskurs betrachtet, der zugleich die zunehmende Hinwendung zu einer katastrophalen Vorstellungswelt markiert. Innerhalb dieser Diskursverschiebung avanciert Atlantis zu einer metamythischen Denkfigur. Die Werke Atlantide. I Figli dell’abisso (1901) von Enrico Novelli und L’Éternel Adam (1910) von Verne dienen als Textkorpus.

Besprechungen / Germanisch und Deutsch

Herbert Lehnert: Thomas Mann. Die Frühen Jahre. Eine Biografie. Göttingen: Wallstein 2020.

Obwohl bereits eine große Menge an Forschungsliteratur und biografischen Texten über Thomas Manns Leben und Werk vorliegt, leistet Herbert Lehnert mit seiner Biografie einen neuen und wichtigen Beitrag für die Thomas-Mann-Forschung. Die Biografie zeichnet das Leben, die Einflüsse und die persönlichen Beziehungen des Autors in den Jahren 1892 bis 1905 in insgesamt 63 recht kurzen Kapiteln detailliert nach und bietet ein umfassendes Bild des zeitgenössischen Kontexts sowie der Lebensrealität Manns. Es lassen sich hierbei drei inhaltliche Schwerpunkte der Biografie ausmachen: zwischenmenschliche Beziehungen Manns, Einflüsse auf Manns literarisches Schaffen und die frühen Texte des Autors.

Antonia Leugers: Literatur – Gender – Konfession. Katholische Schriftstellerinnen. Bd. 2: Analysen und Ergebnisse. Regensburg: Friedrich Pustet 2020.
Camilo De Valle Lattanzio: Queeres Schreiben im Katholizismus. Religionskritik im Frühwerk von Fernando Vallejo und Josef Winkler. Berlin; Boston: De Gruyter 2022 (Spectrum Literaturwissenschaft/spectrum Literature 80).
Kristina Mateescu: Engagement und esoterische Kommunikation unterm Hakenkreuz. Am Beispiel des Hochland-Kreises. Berlin; Boston: De Gruyter 2022 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 160)

Die hier anzuzeigenden Bücher behandeln unterschiedliche Erscheinungsweisen „dissidenter Kommunikation“ im literarisch-publizistischen Katholizismus des 20. Jahrhunderts. A. Leugers’ dahinführende Leitfrage lautet, „ob es während der antimodernistischen Phase, also etwa zwischen dem katholischen Literaturstreit und dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1908–1962), neben Beharrungskräften auch Wandlungsprozesse gab, die das Schwinden dominanter, kirchlich vermittelter Weiblichkeitsvorstellungen im Leben und im Werk von katholischen Schriftstellerinnen belegen.“

Besprechungen / Englisch und Amerikanisch

Virginia Woolf: Jacob’s Room. 2nd edition. Ed. and Introduced by Urmila Seshagiri (Oxford World’s Classics). Oxford: Oxford University Press, 2022.

This new edition of Jacob’s Room has us rediscover Virginia Woolf ’s third novel, a century after its publication by Harcourt, Brace and Company in the United States, a year after it was published by the Hogarth Press in London. Just like Between the Acts, which was misunderstood when it came out, Jacob’s Room baffled its first reviewers, who thought it “too clever” with its lack of plot and sense of unity. In a brilliant and stimulating new introduction, Urmila Seshagiri, Lindsay Young Professor of English at the University of Tennessee, proves that the daring experimentalism of the novel is also an “essential accomplishment”, and uncovers the wealth of the novel and some of its potentialities that still beg to be explored further.

Ross Wilson: Critical Forms. Forms of Literary Criticism, 1750–2020. Oxford: Oxford University Press, 2023.

SCEPTIC: Are you serious about this? You want to write this review as a dialogue? Isn’t that a bit obvious?
ENTHUSIAST: Obvious, perhaps, once you have read Ross Wilson’s Critical Forms. But I assume my readers won’t have done so yet, because otherwise they wouldn’t have to read this review.
SCEPTIC: Okay, but Wilson’s book is not primarily concerned with dialogue, after all. That is just one of seven chapters! He also considers prefaces, selections, reviews, lectures, letters, and life-writing as critical forms. You are merely making a cheap attempt to copy what he does in his epilogue, which he writes as a dialogue with himself.
ENTHUSIAST: … and with Footnote. You shouldn’t forget Footnote. And yes, you are right, but the dialogue form intrigues me personally, and Wilson’s book gives me licence to experiment with it. Moreover, in his chapter on dialogues, he focuses repeatedly on dialogues which reference other texts.

Michael Butter: From Panem to Pandemic: An Introduction to Cultural Studies. Tübingen: Narr Francke Attempto, 2023.

In his survey of the relationship of literary and cultural studies in the curricula of English departments at German universities as well as on the academic book market, Rainer Emig polemically observes that “[w]hat is disturbing is that introductions to Cultural Studies, which ought to be designed to compensate for the lack of theory and methodology that students are likely to encounter in the teaching of Cultural Studies, are more often than not disorienting and indeed off-putting”. Emig’s sobering assessment speaks to the troubled history of Cultural Studies within the German academic system since the 1970s.

Jennie Batchelor: ‘The Lady᾿s Magazine’ (1770–1832) and the Making of Literary History. (Edinburgh Critical Studies in Romanticism). Edinburgh: Edinburgh University Press, 2022.

This is a book that brings delight to the heart of the print culture historian. Jennie Batchelor sets herself high stakes: she wants to “make it harder for future literary histories to dismiss the periodical” and in particular the “extraordinary contribution” of the long-running and very successful Lady’s Magazine (1770–1832) to women’s reading and writing during the Romantic period. Batchelor’s main conclusion that the Lady’s Magazine is “unRomantic” chimes in with ongoing critical trends in Romanticism studies, which have tried to dislodge the critical focus on the role of (male) authors, volume publication and exclusive notions of the literary.

Besprechungen / Romanisch

Domenica Elisa Cicala/María Belén Hernández González: Insieme al cinema. Imparare la lingua e la cultura italiana con i film. Prefazione di Susanna Nocchi. Murcia: Servicio de Publicaciones de la Universidad de Murcia 2023.

«La rappresentazione filmica che un Paese fa di se stesso costituisce un territorio d’indagine privilegiato per chi, come noi insegnanti di lingua, voglia trasmettere le culture di quel Paese». Così la prefazione di Susanna Nocchi (cui si deve un’ottima Grammatica pratica della lingua italiana) sottolinea l’opportunità di questa iniziativa editoriale che il «Servicio de Publicaciones de la Universidad de Murcia» ha affidato a due specialiste di glottodidattica attive, rispettivamente, in Germania e in Spagna: Domenica Elisa Cicala (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) e María Belén Hernández González (Universidad de Murcia).

Saskia Germer: Neapel – Eine alte Stadt erzählt sich neu. Literarische Bilder im Zeitalter der Globalisierung. Bielefeld: transcript 2021.

Zur Literatur und Kultur Neapels herrscht kein Mangel an Publikationen, im Gegenteil. Umso herausfordernder sind Vorhaben, sich innerhalb der Menge entsprechender Bücher zu positionieren. Der gewählte Schwerpunkt der vorliegenden Publikation ist die Gegenwartsliteratur – was das Unternehmen keinesfalls weniger fordernd gestaltet, ist doch wiederum die Fülle an zeitgenössischen literarischen Beiträgen zu Neapel ihrerseits alles andere als einfach zu überschauen und zu bewältigen.

Marie Guthmüller: Jenseits von Freud? Der Traum in der italienischen Moderne. Luigi Capuana, Federigo Tozzi, Italo Svevo. Wiesbaden: Harrassowitz 2021.

Jenseits von Freud: Im Titel ihrer 2021 erschienenen Monographie zum Traum in der Literatur der italienischen Moderne setzt Marie Guthmüller das Werk Sigmund Freuds als Bezugs- und Abgrenzungsmoment zugleich. Darin artikulieren sich programmatisch ihr Forschungsanliegen sowie der Zugriff auf die Texte von Luigi Capuana, Federigo Tozzi und Italo Svevo, die der Untertitel als Analysekorpus benennt: Gezeigt werden soll zum einen, so die Verfasserin im einführenden Kapitel, inwiefern die literarische Moderne in Italien eine Traumästhetik entwirft.

Teresa Hiergeist (Hg.): Parallel- und Alternativgesellschaften in den Gegenwartsliteraturen. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017.

Die Diskussionen um ein immer stärkeres Auseinanderdriften unserer zeitgenössischen Gesellschaften sind seit Jahren ein wesentliches Merkmal ebendieser. Rezente Prognosen, dass sich die ökonomischen Ungleichheiten in nahezu allen Ländern ungebremst vertiefen werden, legen zugleich nahe, dass sich solche Kontroversen in absehbarer Zeit eher weiter verschärfen denn legen werden.

Lena Sowada: Schreiben im Ersten Weltkrieg. Französische Briefe und Tagebücher wenig geübter Schreiber aus der deutsch-französischen Grenzregion. Berlin/Boston: De Gruyter 2021.

Die in ihrem Textteil ca. 620 Seiten starke Monographie gliedert sich in neun Kapitel naturgemäß unterschiedlichen Umfangs: Nach einer kurzen «Einleitung», die im Wesentlichen den Aufbau der Arbeit skizziert, werden in «Historische Soziolinguistik und Sprachgeschichtsschreibung» der methodische Rahmen insgesamt sowie die Begriffe der ‹Sprachgeschichte von unten› bzw. des ‹peu lettré› vorgestellt; an Kapitel 3 zu «Ego-Dokumente: Konzept und Anwendung» schließt sich die «Beschreibung des Analysekorpus» an.
DOI: https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2024.01
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1866-5381
Ausgabe / Jahr: 1 / 2024
Veröffentlicht: 2024-05-22
 

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